Erzeugnisse der Spezialdruckerei "Deko-Print" in
Beerbach gelten etwas in der Modellbau und
Werbebranche
Tampons drucken in Millimetergröße
Von der Eisenbahn über das Feuerzeug
bis zum Schnuller kann alles bedruckt werden
- Beschriftungen auf unterschiedlichsten Werkstoffen
BEERBACH - Fährt man durch das
Dorf, vermittelt es den Eindruck eines kleinen,
verschlafenen Ortes, in dem die Landwirtschaft
die dominierende Rolle einnimmt. Aber hinter
den Scheunentoren eines Anwesens in der Hauptstraße
befinden sich keine landwirtschaftlichen Gerätschaften,
sondern eine sogen. Tampondruckerei - benannt
nach dem Druckkörper - die europaweit
einen guten Namen für spezielle Fertigungen
genießt.
Wie der Name "Druck" schon sagt,
wird auch hier etwas bedruckt, aber nicht wie
gewöhnlich Papier, sondern nahezu alle
anderen Materialien, wie Kunststoffe, Metall,
Holz, Keramik, Glas, Gummi, Leder, usw. Ein
weiteres Kuriosum besteht darin, daß die
zu bedruckenden Teile nicht eine ebene Fläche
darstellen, sondern alle möglichen Formen
aufweisen. Die Palette reicht von kugelförmigen
Behältern über Zylinder bis zu Krügen
und Modelleisenbahnen.
Gerade auf letzterem Sektor konnte man in
letzter Zeit Erfolge auf internationalem Sektor
vorweisen. So half man einer Schweizer Modellbahnfirma,
die sich erfolglos auf dem deutschen Markt
für das Bedrucken ihrer Loks der Spur
O (32 mm) umgesehen hatte.
Das Problem, das in Beerbach zu lösen
war und auch gelöst werden konnte, bestand,
wie Firmeninhaber Wieland Walther und sein
technischer Leiter Karlheinz Nikisch nicht
ohne Stolz verkündeten, darin, daß der
Lok-Körper Rippen aufweist, die an das
Bedrucken besondere Anforderungen stellen.
So mußte bei der "Aargau-Lok" sowohl
bei den nur 0,5 Millimeter großen Schriftzügen
- beispielsweise für die technischen Daten
- als auch bei der Farbgebung original und
maßstabgetreu gearbeitet werden. Bei
den Linien waren gar Stärken von nur 0,15
Millimetern vorgegeben. Damit weist der Tampondruck
auch gegenüber Abziehbildern, die manchmal
Verwendung finden, eine viel größere
Bandbreite auf.
Kernstück dieses Druckverfahrens ist
der sogenannte Tampon, eine Silikonmasse in
Ausmaßen - je nach Auftrag - zwischen
Fingernagelgröße und DIN A4. Die
Stärke dieser "Druckstöcke" beträgt
zwischen 1,5 und 15 Zentimeter.
Maßgeblich für eine saubere Arbeit
ist vor allem auch die Festigkeit, die die
naturgemäß weiche Masse aufweisen
muß, stellt doch jeder zu bedruckende
Körper andere Anforderungen. Insbesondere
beim Bedrucken gewölbter Objekte darf
sich das Druckbild nicht verziehen. So werden
dem Tampon Öl und Härtemittel beigegeben,
was natürlich viel Erfahrung voraussetzt.
Selbst bei empfindlichen Glaskörpern muß der
Druck so stark, aber gleichzeitig auch so dosiert
vorgenommen werden, daß nichts zu Bruch
geht.
Von den 14 Druckmaschinen, die das Beerbacher
Unternehmen in Betrieb hat, sind sechs für
den Mehrfarbendruck geeignet. Eines haben alle
Aufträge, sie reichen von nur einem Stück
(!) bis zu Tausender-Auflagen - beispielsweise
bei Kugelschreibern - gemeinsam: gefragt ist
Handarbeit. So muß jeder zu bedruckende
Körper per Hand eingelegt und wieder entnommen
werden.
Wie läuft nun so ein Druckvorgang überhaupt
ab? Am Anfang steht ein belichteter Film, von
dem ein Druckstock hergestellt wird. Nachdem
dieser eingefärbt worden ist - die Stellen,
die ausgedruckt werden sollen, sind vertieft
- , holt sich der Tampon diesen Teil, der dann
am Silikonkörper haften bleibt und auf
das entsprechende Objekt aufgetragen wird.
Das bedeutet einmal schnelle Haftung der Farbe
bei der Aufnahme durch den Tampon, auf der
anderen Seite saubere Abgabe an den Druckkörper.
Spezielle Öfen sorgen dann für die
notwendige Trocknung
Das stellt aber auch besondere Maßgaben
an die Farben, die zudem nicht giftig sein
dürfen, da sie auch bei Spielzeug oder
Kosmetika Verwendung finden.
Die höchsten Anforderungen, so Wieland
Walther und Karlheinz Nikisch, werden auf dem
Modellbahnsektor - mit oftmals mehrere tausend
Mark teuren Sammlerstücken, die vielfach
Wappen oder Embleme von nur zweimal zwei Millimetern
aufweisen - oder bei medizinischen Geräten
gestellt. In diesem Bereich werden unter anderem
Teile von Röntgengeräten oder Apparaturen
für Augendiagnostik angeliefert, die entsprechend
gekennzeichnet werden müssen.
Ansonsten gibt es fast keine Form, die nicht
schon nach Beerbach zur Bearbeitung angeliefert
worden ist. In den zahlreichen Ausstellungsvitrinen
sind farbenfrohe Schnuller oder Buttons genauso
zu sehen wie Bierkrüge - sie wurden bis
in die USA zum dortigen Oktoberfest der deutschen
Auswanderer geliefert -, Sektkühler, Kosmetikdosen
und stifte sowie natürlich alles für
den Spielzeugsammler.
Stark vertreten sind Modell-Omnibusse in den
Farben der jeweiligen Unternehmen oder auch
mit den Emblemen der Bundesliga-Mannschaften,
Rennautos mit entsprechenden Werbeflächen
wie im Original und natürlich Eisenbahnen.
Bei Nachbauten historischer Züge muß bezüglich
Bemalung und Farbgebung oftmals stundenlang
getüftelt werden, damit alles einem Vergleich
mit dem Original, wie beispielsweise bei einem
Waggon der Königlich Bayerischen Staatsbahn
von 1875, standhält. Aber auch bei der
Industrie ist man vertreten. So brachten Aufträge
an die Bundesmarine und die US-Navy besondere
Anforderungen an die Beerbacher Spezialisten
mit sich, mußten doch die bedruckten
Teile eines Spezialfernglases seewasserbeständig
sein. Auch der Handschweiß, der besonders
aggressiv ist, stellt immer wieder hohe Anforderungen
an die Firma.
Ein wichtiges Standbein stellt auch der Werbemittelsektor
dar, wie bei der entsprechenden Kennzeichnung
von Kugelschreibern oder Feuerzeugen oder in
der Autoindustrie. In so manchen Marken weisen
unter anderem die Blenden der Autoradios "Druck
made in Beerbach" auf. Selbst die Verkleidungen
der Kopfhörer in den Flugzeugen haben
schon den Weg über das kleine Beerbach
genommen, bevor sie in die dritte Dimension
abhoben.
Bevor man aber den Auftrag abwickeln kann,
muß nicht selten das Material des Kunden
genau untersucht werden, denn Metall ist nicht
gleich Metall und Kunststoff nicht gleich Kunststoff.
Allein die unterschiedlichen Oberflächen
- glatt, rauh oder gerippt - müssen beachtet
werden, was oftmals sogar Probedrucke notwendig
macht, um das Verhalten des Materials gegenüber
dem Aufdruck festzustellen.
So wird der kleine Ort Beerbach auch künftig
eine wichtige Anlaufstätte vor allem für
Modellbahn-Hersteller sein. Anfragen aus dem
europäischen Ausland sowie aus USA und
selbst aus Asien liegen vor, sind doch auf
diesem Sektor Tüftler gefragt und keine
Massenhersteller.
H. P. WALZ
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